Warum kein Kind 110% geben kann

Was sind Prozente?
Das Wort ‚Prozent‘ setzt sich aus zwei Teilen zusammen: pro und zent. Diese kommen von den lateinischen Wörtern pro und centum, die ins Deutsche übersetzt von/für und hundert bedeuten. Prozent bedeutet daher einfach ‚von hundert‘. Aber was kann man mit dieser sprachwissenschaftlichen Erklärung nun anfangen? Viel! Sie zeigt nämlich, dass Prozente immer Hundertstel sind. Mit 100% wird also die Gesamtmenge von etwas (egal was: die 7 Pullover, die einem gehören oder die 10 Klorollen in der geschlossenen Packung usw.) bezeichnet. Hat man von einer ausgehende Gesamtmenge nichts, hat man 0%.
Ein Beispiel: Betrachtet man eine noch verschlossene 1,5 l Wasserflasche, so ist diese noch zur Gänze gefüllt. Ihr Inhalt von 1,5 Litern ist somit 100% ihrer Gesamtmenge. Hat man sie ausgetrunken, sind nur noch 0% Inhalt übrig.
Da die Gesamtmenge immer 100% ist und nie mehr, weiß man, warum man nicht 110% geben kann — schließlich ist das Maximum der eigenen Leistung die Gesamtmenge. Und diese liegt bei 100%.
Die Prozentrechnung
Die Prozentrechnung befasst sich mit den Anteilen der Gesamtmengen. Betrachtet man das Prozentzeichen im Hinblick auf seine sprachliche Bedeutung, bedeutet das, dass die Zahl vor dem Prozentzeichen immer die Anzahl der Teile von 100 angibt.
1 % heißt somit 1 von 100 Teilen, was mathematisch 1:100 geschrieben werden kann und als Bruch umgewandelt 1/100heißt.
Als Formel definiert bedeutet das: x% = x/100
Die wichtigsten Begriffe
Um eine Prozentrechnung lösen zu können, sind zuerst einmal die Grundbegriffe der Prozentrechnung zu klären — und das sind Grundwert (G), Prozentwert (W), Prozentzahl (p) und Prozentsatz (p%). Warum? Weil bei den meisten Prozentrechnungen zwei dieser Werte gegeben sind und ein dritter fehlender Wert gesucht wird. Man muss also verstehen, wofür die einzelnen Begriffe stehen, um sie berechnen zu können:
Grundwert (G): Das ist jener Ausgangswert, der 100% entspricht.
Beispiel: Der Smartphone-Akku hat eine Kapazität von 2.300 mA. G = 2.300
Prozentzahl (p): Zahl, die die Prozente angibt, also vor dem %-Zeichen steht.
Beispiel: Der Akkustand ist bei 20%. p = 20
Prozentsatz (p%): Die Prozentangabe ist ein Faktor. Sie wird berechnet, indem man die Prozentzahl durch 100 teilt.
Beispiel: 20 / 100 = 0,2 p% = 0,2
Was ist ein Faktor? In diesem Fall der Wert, mit dem man den Grundwert multipliziert, um auf den Prozentwert zu kommen. Und was ist der Prozentwert?
Prozentwert (W): Der Zahlenwert, der dem Prozentanteil entspricht.
Beispiel: 20% von 2.300 mA entsprechen einer verbleibenden Power von 430 mA. W = 430
Diese Größen stehen alle in Beziehung zu einander. Um Prozentaufgaben korrekt zu lösen, sollte man deshalb die folgenden drei Formeln kennen:
Prozentwert: W = G x p%
Grundwert: G = W/p%
Prozentsatz: p% = W/G
Prozentsatz und Prozentzahl — hier sind wir wieder bei pro und cent — haben das feste ‚Hunderter-Verhältnis‘ zueinander:
Prozentzahl: p = p% x 100
Ziehen wir zur Veranschaulichung der Formeln das vorherige Beispiel heran:
W = 2.300 x 0,2 = 430
G = 430/0,2 = 2.300
p% = 430/2.300 = 0,2
p = 0,2 x 100 = 20%
Achtung, Stolperfalle!
Ein Fehler, der von Schülerinnen und Schülern immer wieder gemacht wird, ist der, dass der Grundwert nicht der gleiche ist, wenn man diesen um einen bestimmten Prozentsatz erhöht und das Ergebnis wieder um den gleichen Prozentsatz verringert. Das ist nur der Fall, wenn der Grundwert 0 ist. Sonst nicht.
Ein Beispiel:
Julia kauft eine Aktie um 100 Euro, diese gewinnt am ersten Tag 10% und verliert am nächsten Tag 10%. Wie viel ist Julias Aktie noch wert?
Da 10% von 100 Euro 10 Euro sind, hat Julia nach einem Tag 110 Euro in ihrem Aktiendepot liegen. Am nächsten Tag verliert sie 10% dieser 110 Euro — also 11 Euro. Julia hat nun nur noch 99 Euro in Aktien angelegt. Man merke: Obwohl sich der Grundwert um den selben Prozentsatz erst erhöht und dann verringert hat, ist dieser nicht gleich geblieben.
Zu 100% verstanden?
Haben Schülerinnen und Schüler erst eine Vorstellung, was mit den verschiedenen Begriffen gemeint ist, und wie diese in Zusammenhang stehen, haben Prozentrechnungen schnell ihren Schrecken verloren. Vielleicht dauert es etwas, bis Ihr Kind die Materie zu 100% verstanden hat — das ist aber nicht schlimm. Denn schon eine kleine prozentuelle Steigerung des Wissensstands kann hier viel bewirken. Hat man beispielsweise eine der Formeln verstanden und kann diese anwenden, kann man die anderen locker herleiten. So löst man mit 25%-igem Formelwissen 100% der Prozentrechnungen.